Text: Hebräer 13, 12-14
Begrüßung
„Gott, schaffe mir Recht!“ mit diesem Aufschrei beginnt der Wochenpsalm für diese Woche. „Schaffe mir Recht!“, lateinisch „Judica“ ist daher der alte Name für den heutigen Sonntag, zu dem ich Sie und Euch, liebe Gemeinde, herzlich begrüße. So werden wir heute hören, wie Gott Recht schafft in dieser Welt: Nicht als mächtiger Herr und Richter, sondern als einer, der gekommen ist zu dienen, als einer, der gerichtet wird, der hin-gerichtet wird am Ende!
„Gott, schaffe mir Recht!“ diese Sehnsucht findet ihre Antwort in Jesus Christus. Ab heute fallen bis zum Ostersonntag in der Eingangsliturgie das „Ehr sei dem Vater...., Ehre sei Gott in der Höhe, das Allein Gott in der Höh’ und das Halleluja“ fort. Das bedeutet, dass nach dem Psalm gleich das Kyrie und danach gleich „Der Herr sei mit Euch“ folgt.
Predigt:
Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes und di Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen. Amen
Liebe Gemeinde,
viele Menschen sind auf der Suche nach Heimat. Nicht nur Menschen, die auf der Flucht sind oder im Exil leben. Heimat ist mehr als ein Ort, in dem wir die Kindheit verbracht haben. Heimat ist ein Ort der Sehnsucht nach Unversehrtheit und Geborgenheit. An diesem Ort weiß ich: Hier gehöre ich hin. Hier will ich bleiben. Gibt es diesen Ort? Oder ist er eine Utopie, die wir nur träumen können, bestenfalls in wenigen Momenten unseres Lebens erahnen? „Wir haben hier keine bleibende Stadt“ – haben wir vorhin in der Lesung gehört. Dieser Aussage kann ich zustimmen. Doch wie gehe ich damit um? Welche Konsequenzen hat es für mein Leben, dass nichts, was mich umgibt, Bestand hat? Dabei geht es um weit mehr als das Dach über meinem Kopf. Es geht um alles, was mein Leben hier ausmacht: meine Familie, meine Freundschaften, mein Engagement in Beruf und Ehrenamt – meine Erkenntnisse, mein Lebenskonzept, vielleicht sogar um meinen Glauben. Ist mein Leben nur Durchgangsstation, die es zu überwinden gilt? Gemäß dem Motto: nur das Ankommen am Ziel zählt. Nein! – Mein Leben hier auf dieser Erde hat Qualität und Lebenswert an sich. Schaffe ich es, den Augenblick zu leben und zu genießen trotz der Erkenntnis: Hier kann ich nicht bleiben – ich bin nur Gast? Meine Heimat, meine „Bleibe“ ist mehr als das, was mich umgibt und mir so wichtig scheint. Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir. Wieder eine der vielen Vertröstungen, die die Bibel für mich parat hat, wenn mir mein Leben Mühe macht? Meine Heimat ist im Himmel, liegt also fern von hier. Außerhalb von Raum und Zeit im himmlischen Jerusalem. Das ist nicht als Vertröstung, sondern als Trost zu verstehen, es ist eine Herausforderung, der ich mich immer wieder neu stellen muss. Wenn ich Gefahr laufe, das Leben nur einseitig unter dem Aspekt der Vergänglichkeit und Vorläufigkeit zu sehen. Wenn ich nur auf die vielen Corona-Fälle schaue, dann versäume ich die vielfältigen Gestaltungsräume, die Gott mir eröffnen will. Oder wenn für mich nur das zählt, was ich auf dieser Erde erreiche, und allein bei mir die Verantwortung für das Gelingen meines Lebens liegt. So werde ich frei von dem Druck, mein Leben perfekt meistern zu müssen, alles im Hier und Jetzt geregelt zu bekommen. Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir. Ein Sehnsuchtswort! Suchen meint hier ein ganzheitliches Hinwenden, Ausrichten nach ewig Beständigem. Dabei helfen mir Fragen wie: Woran orientiere ich mich? Wie tragfähig ist mein „Lebenshaus“ und wie kann es lebendig bleiben? Letztlich geht es um Hingabe an Gott. Von ihm allein bezeugt die Bibel, dass er „bleibend“ ist. Glauben heißt, mit Gott unterwegs zu sein, immer wieder neu aufzubrechen mit und zu ihm.
Wie schon Israel, das wandernde Gottesvolk. Es hatte kein festes Dach über dem Kopf, lebte in Zelten. Auf der Suche nach dem gelobten Land kam es auf vielen Um– und Abwegen schließlich in Kanaan an. Selbst nachdem Salomo dort ein Haus für Gott errichtet hatte, war es wieder nur an einem vorläufigen Ziel. Es folgten Verschleppung und Exil und wieder die Sehnsucht nach Jerusalem! Nach der Rückführung musste das Volk auch noch erleben, wie der Tempel zerstört wurde. „Diese alle sind gestorben und haben das Verheißene nicht erlangt, sondern nur von ferne gesehen und gegrüßt und haben bekannt, dass sie Gäste und Fremdlinge auf Erden sind. Nun aber sehnen sie sich nach einem besseren Vaterland, nämlich dem himmlischen. Darum schämt sich Gott nicht, ihr Gott zu heißen; denn er hat ihnen eine Stadt gebaut.“ So fasst der Schreiber des Hebräerbriefes die Erfahrungen des Volkes Gottes im Alten Bund zusammen.
Auch wir sind Gäste. Eigentlich bin ich gerne Gast. Das kann heißen: Ein anderer sorgt für mich. Ja, ich darf mich verwöhnen lassen, muss mich um nichts kümmern. In der Wüste flossen zwar noch nicht Milch und Honig, doch war alles zur Genüge da, was das Volk brauchte. Weil Gott mit ihm war. Der Bleibende, der Ewige macht sich auf den Weg mit und zu uns vergänglichen Menschen. In Jesus kommt er hinein in eine Welt, die ihn nicht wirklich sucht und vermisst. Von ihm bezeugt der Verfasser des Hebräerbriefes: „Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit“. Er nimmt Wohnung bei mir und gibt meinem Leben schon jetzt eine neue Qualität. Mit ihm darf ich an Gottes Reich bauen. So berührt die Ewigkeit meine Zeit. Da tut sich ein weiter Raum auf.
Ein weiter Raum in dem das Kreuz Jesu seinen Platz hat, um uns daran zu erinnern, dass unsere Bleibe hier auf Erden nicht alles, dass noch etwas kommt, noch etwas aussteht.
Das Kreuz lädt uns deshalb dazu immer wieder ein, den Blick „dahinter“ zu wagen. Es steht sozusagen quer, ist die Verbindung von meiner Welt zum himmlischen Jerusalem. Das himmlische Jerusalem, die Stadt Gottes, in der es kein Dunkel, keine Schuld, kein Leid, keinen Tod mehr gibt! - Noch lebe ich in einer unheilen Welt. Das wird uns jeden in der Zeitung oder im Fernsehen deutlich gemacht.
Wenn ich bei Jesus sein werde, werde ich nichts mehr fragen müssen, dann ist alles klar. Dann bin ich angekommen. Daheim. Doch schon hier bin ich eingeladen, in der Gegenwart Gottes zu leben, immer mit der Sehnsucht im Herzen“.
Ist unser Leben nur Durchgangsstation, die es zu überwinden gilt? Gemäß dem Motto: nur das Ankommen am Ziel zählt. Nein! – Unser Leben hier auf dieser Erde hat Qualität und Lebenswert an sich. Schaffen wir ich es, den Augenblick zu leben und zu genießen, trotz der Erkenntnis: Hier können wir nicht bleiben – wir sind nur Gast? Unsere Heimat, unsere „Bleibe“ ist mehr als das, was uns umgibt und uns so wichtig scheint
Ein afrikanisches Sprichwort sagt: „Lege das Ruder erst aus der Hand, wenn Du am anderen Ufer angekommen bist.“ Ich denke nicht, dass unser Text einer Weltflucht das Wort redet, mit Fatalismus gleichzusetzen ist: Es ist ja doch alles egal. Vielmehr macht es neugierig auf das, was noch kommt. Wir sollen unsere Gaben und Befähigungen schon einsetzen, um unser Leben, unseren Lebensraum zu gestalten, zu rudern und uns abzumühen. Wir wollen uns schon um das kümmern, was unsere Vorfahren uns überlassen haben, auch an alten Bauwerken und kulturellen Schätzen.
Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir. Wieder eine der vielen Vertröstungen, die die Bibel für uns parat hat, wenn uns unser Leben Mühe macht? Unsere Heimat ist im Himmel, liegt also fern von hier. Außerhalb von Raum und Zeit im himmlischen Jerusalem. Das ist nicht als Vertröstung, sondern als Trost zu verstehen. Es ist eine Herausforderung, der wir uns immer wieder neu stellen müssen. Wenn wir Gefahr laufen, das Leben nur einseitig unter dem Aspekt der Vergänglichkeit und Vorläufigkeit zu sehen, dann versäumen wir die vielfältigen Gestaltungsräume, die Gott uns eröffnen will. Oder wenn für uns nur das zählt, was wir auf dieser Erde erreichen, und allein bei uns die Verantwortung für das Gelingen unseres Lebens sehen. So werden wir frei von dem Druck, unser Leben perfekt meistern zu müssen, alles im Hier und Jetzt geregelt zu bekommen. Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir. Ein Sehnsuchtswort! Suchen meint hier ein ganzheitliches Hinwenden, Ausrichten nach ewig Beständigem. Dabei helfen Fragen wie: Woran orientieren wir uns? Wie tragfähig ist unser „Lebenshaus“ und wie kann es lebendig bleiben? Letztlich geht es um den Glauben an Gott. Von ihm allein bezeugt die Bibel, dass er „bleibend“ ist.
Glauben heißt dabei, mit Gott unterwegs zu sein, immer wieder neu aufzubrechen mit ihm und zu ihm, als Gast auf Erden. Er bewahrt unser Lebenshaus vor mancher Gefahr, auch dann, wenn es einmal bröckelt. Mein Glaube kann offen bleiben für die Wirklichkeit „dahinter“: für Gottes ewiges Reich. Doch schon hier in unserer Lebenszeit sind wir eingeladen, in der Gegenwart Gottes zu leben, immer mit der Sehnsucht im Herzen, denn wir haben hier
keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir. Amen
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, der bewahre unsre Herzen und Sinne in Christus Jesus, unseren Herrn Amen.
