DETTUM. Als einer der Nachfolger von Pastor Hermann Werner Dietrich Braess als Redakteur müsste der Autor diesen Artikel eigentlich mit den Worten beginnen: "Meine lieben Freunde".
Mit dieser Formulierung pflegte der Dettumer Dorfpfarrer Hermann Werner Dietrich Braess in seiner 1786 gegründeten "Zeitung für die lieben Landleute", genannt die "Rothe Zeitung", die Leser zu begrüßen. Dabei erfuhren die meisten Leser erst 1797 nach dem tragischen Tod des Pastors, dass Braess der Herausgeber und Chefredakteur dieser ersten deutschen Volkszeitung war.
Das hat zumindest Dr. Martin Welke herausgefunden. Welke ist einer der führenden Forscher zur Geschichte der Zeitung im deutschsprachigen Raum. Er ist unter anderem Begründer der "Stiftung Deutsches Zeitungsmuseum im Gutenberg-Museum Mainz" und Kurator zahlreicher Ausstellungen.
Bei seinem Vortrag in der Kirche St. Johannis Baptista, der früheren Wirkungsstätte von Braess, wurde er zunächst von Pastor Ulrich Lincoln begrüßt. Der berichtete, dass er erst durch die Arbeit von Welke darauf aufmerksam wurde, wie bedeutend einer seiner Vorgänger an der Dettumer Kirche für die Entwicklung der deutschen Presselandschaft gewesen sei.
Mit der Rothen Zeitung habe der Dettumer Pastor ein in pressegeschichtlicher und volksaufklärerischer Hinsicht außerordentlich bedeutendes Werk geschaffen, betonte der Referent. Die Rothe Zeitung wurde auch zum Ursprung und Vorläufer der "Wolfenbütteler Zeitung", die bis heute innerhalb der Braunschweiger Zeitung existiert.
Eine derartige Zeitung für die lieben Landleute hätte es vorher in Deutschland nicht gegeben. Zwar hätten schon zahlreiche Zeitungen existiert, darunter mit dem Intellektuellenblatt "Die Hamburger unparteiischen Korrespondenten" eine mit 56 000 Exemplaren sehr erfolgreiche Zeitung, aber eine Zeitung. die die Aufklärung der einfachen Menschen betrieben hätte, sei damals nicht auf dem Markt gewesen.
Hermann Braess ließ die Zeitung in Wolfenbüttel drucken. Die Auflage betrug 1600 Exemplare. Durch den Dettumer Pastor seien auch erstmals Illustrationen und Karten in den Zeitungen abgedruckt worden. Er wollte damit den Lesern zum Beispiel die Guillotine zeigen, mit der in Frankreich Ludwig XVI. geköpft wurde, oder die Lage besondere Schlachtfelder.
Und nicht zuletzt hat Braess auch erstmals Leserbriefe veröffentlicht, erfuhren die Zuhörer in der Dettumer Kirche, in der noch eine Tafel an den berühmten Pastor erinnert.
(veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Braunschweiger Zeitung)
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03.11.2009
Kategorie: Gemeindeleben