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25.04.2020 Kategorie: Gemeindeleben

Andacht für Sonntag 26.04.2020

Sonntag, den 26.04.2020 Misericordias Domini

Begrüßung:

„Christus spricht: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben.“

Mit diesem Wochenspruch aus dem Johannesevangelium, Kapitel 10 begrüße ich Sie und Euch zu der Andacht am Sonntag Misericordias Domini sehr herzlich. Das lateinische Wort Misericordias Domini weist hin auf Psalm 33, Vers 5, wo es heißt „Die Erde ist voll der Güte des Herrn.“

Der heutige Sonntag wird auch genannt: Der Sonntag „vom guten Hirten.“

Deshalb möchte ich Ihnen einige Gedanken zu dem Wochenpsalm, Psalm 23 mitteilen.

Ich wünsche uns allen nun eine gesegnete Andacht, die wir begehen wollen im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Wer mag, kann Lied EG 334, 1-6 singen: Danke für diesen guten Morgen

Eingangsgebet:

Ewiger Gott,

du bist unser guter Hirte,

du bist bei uns und führst uns,

du gönnst uns das Leben von Herzen,

uns - und allen Menschen.

Gib, dass uns nichts aus deiner Hand reißt,

und lass keinen Menschen verloren gehen.

Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen

Ansprache:

Liebe Gemeinde!

In der Ansprache möchte ich mit Ihnen zusammen über einen Psalm nachdenken, der Ihnen wahrscheinlich gut bekannt und seit langem wohl vertraut ist. Und doch ruft dieser Psalm immer wieder Fragen wach und stößt auf Widerspruch, gerade weil er zu schön ist, um wahr zu sein, wie manche meinen. Es ist der 23. Psalm: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ Viele von Ihnen werden ihn auswendig können. Für unzählige ist er neben dem Vaterunser der Restbestand dessen, was sie einmal gelernt haben. Es ist so etwas wie ein Notvorrat des Glaubens für Zeiten des Zweifels, ein immer griffbereitliegender Rettungsring. Ob er aber noch trägt, dieser Rettungsring? Und warum trägt er eigentlich? Ich möchte heute einiges zusammentragen, was mir zu diesem 23. Psalm eingefallen ist. Das wird Sie, wie ich hoffe an ihren eigenen Erfahrungen mit ihm erinnern. Täusche ich mich, wenn ich vermute, dass diese Worte vielfältige Erinnerungen in Ihnen wachrufen? Erinnerungen, die bis in die Kindheit zurückreichen? Bis zum Gebet mit der Mutter am Abend vor dem Schlafengehen? Jemand hat einmal seine Kindheitserinnerung an den 23. Psalm so beschrieben: „Mein älterer Bruder, mein Cousin und ich verbrachten die Schulferien immer im Harz, bei unserer Großmutter. Wir gingen allein gern in den Wäldern spazieren. Der eine sehr einsame Weg, den wir anstelle des belebten Hauptweges besonders gern gingen, führte einsam uns an einer Stelle wenige Minuten lang durch einen dunklen, schmalen, niedrigen Buchengang. Den fürchteten wir immer besonders. Wir waren damals eifrige Besucher des Kindergottesdienstes und konnten von daher den 23. Psalm: Dieser Psalm, für Kinder so leicht verständlich, hatte einen tiefen Eindruck auf uns gemacht. Und jedesmal, wenn wir klopfenden Herzens vor diesen Gang kamen, beteten wir laut zusammen diesen Psalm, der gerade bis an Ende dieses finsteren Tales reichte. Und dann war alle Furcht verflogen. So war diese Kindheitserinnerung. Das klingt nach Kinderkram und eher harmlos. Aber wer deutliche Erinnerung an seine Kindheit hat, der weiß, wie tief die Angst vor der Dunkelheit sitzen kann. Es ist genau die gleiche Angst, die später als Lebensangst aufsteigt und uns ganz furchtbar schütteln kann. Besonders in dieser schlimmen Corona-Zeit melden sich längst vergessene Ängste und Befürchtungen. Und da hinein erklingt das Wort: „Du bist bei mir!“, eingebunden in das beruhigende, tröstende Bild vom Hirten und seiner Herde. Schön und vielmehr als schön! Wie kommt es eigentlich, dass dieser Psalm 23 so viele Freunde hat, so vielen so viel bedeutet? Wahrscheinlich sind es die freundlichen Bilder des Lebens, die er uns vor Augen malt: Grüne Wiesen, eine sprudelnde Quelle, ein guter Weg, der gedeckte Tisch, der volle Becher, ein Haus, indem sich wohnen lässt. So möchten wir es haben und wir haben es immer wieder nicht. Auch davon ist die Rede, nur scheinbar am Rande: Der Weg kann durch das finster Tal, durch Krankheit und Trauer, durch die Corona-Pandemie, durch eine gefährliche Gegend führen; Der Tisch ist gedeckt im Angesicht von Feinden, „mein Leben lang“. Die Bilder des Glücks und der Zufriedenheit sind wohltuend realistisch - nicht ohne Schatten - gemalt. Der Psalm ist offenbar nicht für Glückspilze und unverbesserlicher Optimisten gemacht, sondern für ganz normale Menschen. Und vor allem: Der Glaube an Gott, der Freude und Leid, Angst und Zuversicht umfasst, wird ganz einfach und sehr persönlich ausgesprochen - ein Bild des Hirten und mit vier Worten die alles enthalten: „Du bist bei mir.“ Mehr können manchmal lange Predigten und Bücher auch nicht sagen. Aber gegen dieses „Du bist bei mir!“ gibt es viele Einwände. Wie mag einer, der einsam und verzweifelt ist, der nicht mehr glauben kann, dass sein Leben einen guten Sinn hat, diese Worte hören: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln?“ Er wird ihnen widersprechen, beispielsweise so: Ich habe keinen, der sich um mich kümmert. Mir fehlt vieles, jedenfalls das Entscheidende. Ich habe Hunger: Hunger nach Zuwendung, Verständnis und Liebe. Wer macht mich satt? „Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß, was ich leide.“ Oder: Ich sehe keinen Weg. Meine Lage ist aussichtslos. Ich habe Angst: Angst vor Krankheit, Angst vor Ansteckung, Angst vor der Niederlage, Angst vor anderen Menschen, Angst - ich weiß eigentlich gar nicht wovor. Mir kann keiner helfen. „Der Herr ist mein Hirte“. Wo ist er denn, dieser Hirte? Widerspruch kann auch aus einer anderen Ecke kommen: „Der Herr ist mein Hirte“ - das soll wo heißen: Ich bin ein Schaf? Ich bin aber ein Mensch, zugegeben, ich weiß manchmal nicht wie es weitergehen soll, sehe keinen Weg, bin unsicher und ratlos, kann mich auch nicht von der Anklage freisprechen, immer wieder dem Herdentrieb zu folgen. Aber ich will lernen, meine Entscheidungen selbstständig zu treffen. Ich will unabhängig bleiben oder jetzt endlich unabhängig werden. Ich brauche keinen Hirten, will keinen Führer, will keine Bevormundung. Ich möchte zu den Einwänden sagen: Wenn ich den 23. Psalm ehrlich nachsprechen soll, brauche ich Menschen, die mir zeigen, dass es das gibt: Zuversicht und Gelassenheit nicht nur auf grünen Auen, sondern auch im finsteren Tal. Freude am Leben noch im Angesicht von Feinden, mitten in äußerer und innerer Bedrohung. Glauben, der dankbar annimmt, was Gott schenkt, und es nicht eigensüchtig festhält, sondern anderen austeilt, kindliches Vertrauen, das Denken und selbstständiges Entscheiden nicht ausschließt, sondern einschließt. Ich kenne - Gott sei Dank - solche Menschen und ich hoffe, Sie auch!

In Jesus Christus hat der 23. Psalm einen harten Kern, eine tragfähige Grundlage. Wer ihn vor Augen und Ohren hat, bleibt bewahrt vor einem harmlos oberflächlichen Missverständnis dieses Psalms. Er macht uns Mut, es mit diesem alten Gebet immer wieder von neuem zu versuchen. Dabei werden wir aber auch immer wieder aufgefordert, Hirten für andere zu sein, uns um andere in dieser Corona-Zeit zu kümmern, die niemanden haben, die in die Irre gehen. also: Gute und verantwortungsvolle Hirten sind gesucht. Aber manchmal versagen wir auch an dieser Aufgabe. Trotzdem sind wir immer wieder eingeladen, uns an der Arbeit dieses Hirten zu beteiligen, damit Menschen dieses erfahren können: „Der Herr ist mein Hirte!“ Und voller Zutrauen dieses in ihre besondere Lebenssituation nachsprechen und nachempfinden können.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere menschliche Vernunft, der bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus unserem Herrn. Amen.

Fürbittengebet und Vaterunser

Allmächtiger, barmherziger Gott, lieber Vater im Himmel. Jesus Christus, unser Herr, der unser Leben aus dem Tod reißt. Heiliger Geist, der unser Herz immer wieder mit Liebe erfüllt. Herr, wir danken dir für die Geborgenheit, die wir in deiner Nähe erfahren können. Du wendest dich uns zu mit großer Güte, die unser Herz erwärmt.

Wir sind geborgen, weil wir wissen, dass du uns wie ein guter Hirte behütest. Du führst uns zur Quelle, aus der das Wasser des Lebens fließt. Du leitest unsere Schritte auf dem rechten Weg und gehst mit uns in Zeiten der Trauer und an den Tagen der Freude.

Herr, wir bitten dich für die, die auf der Suche nach dem Haus der Geborgenheit sind. Wir bitten dich, weck unsere Sinne auf, dass wir uns auch über die kleinen und unscheinbaren Dinge freuen können: für ein mutmachendes, freundliches Wort, über die kleine Aufmerksamkeit, über die Liebe, die wir von anderen erfahren, über die Schönheiten dieser Erde. Du bist ein großzügiger Gott, du schickst keinen mit leeren Händen fort, der zu dir kommt. Fülle auch uns die Hände, dass wir denen helfen, die hilflos sind, die ansprechen, die einsam und traurig sind. Hilf, dass wir ein offenes Ohr haben und denen zuhören können, denen niemand zuhört. Hilf uns, dass wir denen vertrauen, die nur noch Misstrauen erfahren, denen zu ihrem Recht verhelfen, die rechtlos und verachtet sind, diejenigen versöhnen, die sich auseinandergelebt haben. Damit alle sehen, wie freundlich du bist.

Wir bitten dich für die Menschen, die kein Zuhause haben, du kennst des Menschen Herz und weißt um seine Verfehlungen. Aber deine Güte ist stärker als unser stolzes Herz. Du wendest dich denen zu, die gefangen sind. Wir bitten dich für alle, deren Herz in großer Unruhe ist, weil sie den festen Ort ihres Lebens verloren haben. Wir beten für die seelisch Kranken und Süchtigen. Stille du ihre Sehnsucht nach Heimat. Herr, erhöre unsere Bitten. Lehre uns erkennen, was dein Wille ist, durch Jesus Christus.

Wir bitten dich für die Millionen von Menschen, die auf dieser Erde auf der Flucht sind. Sie müssen alles zurücklassen, was ihnen Heimat und Geborgenheit gab. Herr unser Gott, wir danken dir für die Zeichen deiner Liebe und Freundlichkeit in dieser Welt und auch in unserem Leben. Wir alle sind beschenkt und begabte Menschen. Jeder von uns hat Grund genug, dir zu danken.

Und gemeinsam beten wir, wie Jesus uns zu beten gelehrt hat:

Vater unser im Himmel ….

Segen

So segne und behütet uns Gott, der Allmächtige, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.

Beitrag von HM